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Ersatzteile – Rückgrat der Produktion oder versteckte Kosten?

Geschrieben von SPARETECH | 10.11.2025 15:22:44

In der modernen Fertigung ist Effizienz entscheidend. Die Margen sind knapp, der globale Wettbewerb ist hart, und Ressourcen – ob finanziell, personell oder materiell – müssen klug eingesetzt werden. Dennoch findet man in vielen Werken eine stille, aber kostspielige Ineffizienz: Ersatzteile, die jahrelang ungenutzt im Regal liegen, wertvollen Lagerplatz blockieren, Working Capital binden und dem Unternehmen kontinuierlich Wert entziehen.

Ersatzteile sind das Rückgrat der Instandhaltung. Ohne sie steht die Produktion still. Doch der Wunsch nach Absicherung führt häufig zu Überkompensation: Unternehmen bevorraten „Just-in-Case" Bestände, ohne präzise Prognosen oder Transparenz. Das Ergebnis sind umfangreiche Bestände, die kaum oder nie genutzt werden. Mit der Zeit veralten diese Ersatzteile, wenn Anlagen modernisiert oder ausgemustert werden, dennoch binden sie weiter Budget und Lagerfläche.

Diese Ineffizienzen erzeugen selten die gleiche Dringlichkeit wie Produktionsverzögerungen oder Störungen in der Lieferkette. Sie wachsen im Hintergrund, Jahr für Jahr, bis die Kosten zu groß werden, um sie zu ignorieren.

Das Ausmaß des Problems

Aktuelle Daten aus dem Bericht Strategisches Ersatzteilmanagement: Der übersehene Hebel für höhere Margen bestätigen, was viele Instandhaltungsleiter bereits wissen: Ein erheblicher Teil des Ersatzteilbestands liefert keinen Wertbeitrag. Durchschnittlich bleiben 22 % der Bestände länger als fünf Jahre ungenutzt. Dieses „tote Lager" hat das gebundene Kapital im selben Zeitraum um 12 % ansteigen lassen. Gleichzeitig wachsen die jährlichen Ausgaben für Ersatzteile Jahr für Jahr um 10 %.

Abbildung 1: Was Untätigkeit im Ersatzteilmanagement wirklich kostet

Die finanziellen Auswirkungen gehen weit über den Einkaufspreis ungenutzter Ersatzteile hinaus. Branchenschätzungen veranschlagen die jährlichen Bestandskosten – einschließlich Lagerung, Versicherung, Personal und Abschreibung – auf 20 bis 30 % des Bestandswerts¹. Wenn ein Fünftel dieser Bestände nicht bewegt wird, ist die Kapitalbelastung enorm.

Die Ursache wachsender Ineffizienzen: Warum Ersatzteile ungenutzt bleiben

Mehrere typische Faktoren tragen dazu bei:

  1. Mangelnde Transparenz und Datenqualität: Ohne eine genaue, zentrale und standardisierte Bestandsführung wissen Teams oft nicht, was sie bereits auf Lager haben. Die Folge: Doppelte Käufe oder das Übersehen verfügbarer Ersatzteile im Bedarfsfall.
  2. Reaktives Einkaufsverhalten: Ohne präzise Bedarfsprognosen kaufen Organisationen häufig „auf Vorrat“, insbesondere in Zeiten unsicherer Lieferketten.
  3. Anlagenmodernisierung und Obsoleszenz: Wenn neue Maschinen eingesetzt werden, werden Ersatzteile für ältere Modelle obsolet. Diese verbleiben aber oft im Lager, anstatt aus dem System entfernt zu werden.
  4. Fehlende Bestandsrationalisierung: Ohne regelmäßige Bereinigung von ungenutzten oder langsam drehenden Artikeln werden Läger unübersichtlich, und das Auffinden kritischer Ersatzteile im Bedarfsfall wird erschwert.

Die Kettenreaktion ungenutzter Bestände

Ungenutzte Ersatzteile sind nicht nur ein finanzielles Problem, sie verursachen auch operative und organisatorische Reibung.

Erstens verringern sie die Agilität. Überfüllte Lager mit veralteten oder niedrigwertigen Ersatzteilen erschweren es Instandhaltungsteams, schnell das richtige Ersatzteil zu finden. Die Folge: längere Reparaturzeiten und ungeplante Stillstände. Zweitens blockiert gebundenes Kapital Investitionen in produktivitätssteigernde Maßnahmen wie neue Maschinen, Automatisierung oder Mitarbeiterschulungen. Und schließlich ist es auch eine Nachhaltigkeitsfrage: Ersatzteile, die niemals genutzt werden, erhöhen den CO2 Fußabdruck. Ohne Konzepte für Wiederverkauf, Recycling oder Wiederverwendung enden sie oft als Schrott.

Ein Blick auf die gesamte Industrie

Das Problem beschränkt sich nicht auf einzelne Branchen. Studien in anlagenintensiven Industrien zeigen, dass 20–30 % der Ersatzteilbestände obsolet oder ungenutzt sind². Komplexe Ersatzteillieferketten, große Ersatzteilvielfalt, schwankende Nachfrage und hohe Verfügbarkeitsanforderungen machen diese Bereiche besonders anfällig für Überbestände.

„Die Lagerhaltungskosten für ungenutzte Ersatzteile übersteigen den reinen Kaufpreis deutlich,“ erklärt Martin Weber, Mitgründer von SPARETECH. „Wenn man Gehälter, Gebäude, Energie, Versicherungen und Verwaltung berücksichtigt, können die jährlichen Kosten bis zu 20 % des Teilewerts erreichen – jedes Jahr aufs Neue. Ein Motor im Wert von 5.000 Euro kostet so zusätzliche 1.000 Euro pro Jahr, nur um im Regal zu liegen. Über die Zeit verdoppelt sich leicht der Total Cost of Ownership, ohne das Teil jemals zu nutzen. Und wenn es während der Lagerung nicht gewartet wird, kann es im Einsatz sogar ausfallen oder eine verkürzte Lebensdauer haben.“

Selbst Unternehmen mit ausgereiften Einkaufs- und Ersatzteilmanagementprozessen stehen vor diesem Problem. Mit zunehmender Internationalisierung werden Bestände auf mehrere Standorte verteilt, oft mit uneinheitlicher Datenqualität und nicht-standardisierten Prozessen. Diese Fragmentierung verschärft die Schwierigkeit, Ersatzteile effizient im großen Maßstab zu managen.

Von der Ineffizienz zur Chance

Die gute Nachricht: Ungenutzte Bestände sind ein lösbares Problem und eine Chance, erhebliche Einsparungen zu realisieren. Drei Kernmaßnahmen sind entscheidend:

  1. Unternehmensweite Transparenz schaffen

    Bestandsdaten aller Standorte in einem zentralen, genauen Überblick integrieren. So sehen Einkauf und Instandhaltung, welche Ersatzteile bereits verfügbar sind, bevor neue Bestellungen ausgelöst werden. Unser aktueller Bericht zeigt, wie begrenzt die heutige Transparenz tatsächlich ist.

  2. Materialstammdaten standardisieren und anreichern

    Einheitliche Benennungen und Klassifikationen nutzen und Ersatzteile mit Herstellerdaten abgleichen. Das eliminiert Duplikate, sorgt für Datenkonsistenz und reduziert manuelle, fehleranfällige Arbeit. Unser Bericht zeigt, dass viele Unternehmen Ersatzteile noch ohne spezialisierte Ersatzteilmanagementsoftware verwalten, was eine genaue und konsistente Stammdaten erschwert.

Top-Tipp: Ein einmaliges Datenbereinigungsprojekt reicht nicht aus. Organisationen müssen kontinuierliche Prozesse für Lifecycle Data Management etablieren, um dauerhaft hohe Datenqualität sicherzustellen.

  1. Rationalisierungsprogramm umsetzen

    Bestände regelmäßig überprüfen, um Langsamdreher und obsolet gewordene Ersatzteile zu identifizieren. Diese verantwortungsvoll entsorgen, wenn möglich weiterverkaufen oder an Standorte umverteilen, wo sie noch benötigt werden. Mehr Informationen finden Sie im Bericht, dort zeigen wir, dass ein Fünftel der Ersatzteile länger als fünf Jahre ungenutzt bleibt.

Diese drei Schritte setzen nicht nur Working Capital frei, sondern verschlanken auch die Instandhaltungsprozesse, verkürzen Beschaffungszeiten und verbessern die Entscheidungsgrundlage.

Die Chance im Ersatzteilmanagement ist jetzt

Ungenutzte Ersatzteile mögen im Vergleich zu ungeplanten Produktionsausfällen oder verpassten Lieferterminen wie ein geringfügiges Problem erscheinen, aber die Auswirkungen sind tiefgreifend. Sie repräsentieren gebundenes Kapital, unnötige Lagerkosten und verlorene operative Agilität.

Die Lösung liegt in mehr Transparenz, diszipliniertem Datenmanagement und kontinuierlicher Rationalisierung. Mit diesen Grundlagen können produzierende Unternehmen ihre ungenutzte Bestände von einer versteckten Belastung in einen strategischen Vorteil verwandeln.

Unser aktueller Bericht geht auf diese Herausforderung noch tiefer ein und beleuchtet weitere Ineffizienzen im Ersatzteilmanagement. Laden Sie ihn herunter und erfahren Sie:

  • wie Hersteller mit teilweiser Standardisierung umgehen,
  • welche Rolle digitale Tools für mehr Transparenz spielen, und
  • welche Ergebnisse Unternehmen erzielen, die bereits auf intelligentes Ersatzteilmanagement setzen.

 

 

Quellen

¹ Oracle Netsuite, Inventory Carrying Costs: What It Is & How to Calculate It, 2020
² Reliable Plant, Wally Wilson, What’s the Real Cost of Spare Parts Inventory?